Heftige Vorwürfe gegen das neue Jagdgesetz, kräftige Aussagen auf den zahlreichen Tafeln und ein schweigsamer Minister prägten die Demonstration der Jäger (einschließlich Fischer, Bauern und Naturschützer) vor dem Interimslandtag in Stuttgart.
„Wir sind zwar etwas zu spät dran und hätten schon vor einem Vierteljahr bei der Verabschiedung des Gesetzes lautstark protestieren müssen“, räumte der Sulzer Hegeringsleiter Ludwig Schrägle ein: Doch lieber jetzt, wenn es um die Durchführungsverordnung geht als gar nicht“, sagte er und zeigte sich stolz darüber, dass er aus seinem Hegering die größte Anzahl von Teilnehmern aus dem Kreis Rottweil zur großen Kundgebung in die Landeshauptstadt mobilisiert hatte.
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch einmal in meinem Leben an einer Demonstration teilnehmen würde“, diese Äußerung war sowohl unterwegs im voll besetzten Bus als auch später unter den etwa 3 000 mit roter Warnweste bekleideten „Grünröcke“ zu hören. Dass diese mit den politisch Grünen alles andere als auf einer Wellenlinie liegen, zeigten einmal die zahlreichen Transparente, auf denen vor allem die Grünen und damit der verantwortliche Landwirtschaftsminister Bonde für das neue Jagdgesetz kritisiert wurden, das ihren Unmut deutlich hervorruft. Ideologie, fehlender Sachverstand, Willkür und Praxisferne werfen die Jäger dem Gesetz unter anderem vor. Besonders ärgerlich finden sie das Verbot der Wildfütterung, was sich in einem Plakat so ausdrückte: „An Herrn Bonde sieht man keine Not, Hirsch und Reh aber schickt er in den Tod.“
Harmonische, wunderschöne Klänge aus hunderten von Jagdhörnern umrahmten und durchzogen die gesamte, jederzeit friedliche Veranstaltung mit durchaus moderaten, den Konsens suchenden Tönen vom Hochstand, aus dem die Reden gehalten wurde. Ein gellendes Pfeifkonzert jedoch war über den gesamten Schlossplatz zu hören, als der Minister seinen – politisch für das Gesetz nicht verantwortlichen – Amtschef auf den Hochstand schickte und selber „kniff“. Die von den Teilnehmern als fadenscheinig betrachteten vorgebrachten Gründe ließen noch mehr den Unmut darüber aufkommen. Gerne hätten sie vom Minister höchst selbst einiges zu dem Gesetz gehört. Auch zu den von ihnen wahrgenommenen Aufgaben als Naturschützer in vielfältiger Form.
Ebenfalls stieß reichlich merkwürdig auf, dass auch die grüne Fraktionsvorsitzende nicht das Wort ergriff – im Gegensatz zu den Fraktionschefs von SPD, CDU und FDP. Dabei wunderte sich Guido Wolf (CDU) über die zuvor gemachten Äußerungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Schmiedel, der sich fast schon solidarisierte mit den Jägern: „Unter jedem Gesetz von Grün-Rot steht auch Ihre Unterschrift.“
Mit diesem Gesetz und den Begleiterscheinungen samt der ideologischen Vorbehalte gegen die Jagd insgesamt jedoch fühlen sie sich verunglimpft – und dagegen wehren sie sich vehement: „Wir haben hohe ethische und moralische Ansprüche an unser Tun“, sagte nicht nur der Präsident des Landesjagdverbandes, Dr. Jörg Friedmann, vielmehr ist dieses Denken den Jägern von vornherein eigen. So der Tenor zu einer Demonstration, die für viele die erste ihres Lebens war. „Aber es war wichtig, dass wir da waren“, stellte Ludwig Schrägle fest und freute sich auch über die Solidarität des Landtagsabgeordneten Stefan Teufel (CDU) mit den Anliegen der Jäger.
Einen Hinweis, den der Hegeringleiter zuvor seinen Leuten im Bus „eingetrichtert“, hatte, konnte er am Ende beruhigt beiseitelegen: Er hatte gewarnt vor möglichen Provokationen durch Gegendemonstranten. Diese jedoch, „Tierschützer“ der eher militanten Art, fielen ob der sehr geringen Anzahl gar nicht auf und spielten nicht einmal eine Nebenrolle. „Wir aber wollen mit unseren Anliegen Gehör finden“, postulierte Ludwig Schrägle. Begonnen hatte die Kundgebung fünf Minuten vor zwölf …