Stefan Teufel: Es geht auch um die innere Temperatur einer Gesellschaft
Das Gespräch zwischen dem Landtagsabgeordneten Stefan Teufel und der Landesarbeitsgemeinschaft Taubblindheit/Hörsehbehinderung in Schramberg-Heiligenbronn erbrachte viel Übereinstimmung und gemeinsam verabredete Schritte, um die Lebenssituation der Betroffenen verbessern zu können. „Ein konkreter Schritt ist ein guter Schritt“, freute sich Dr. Andrea Wanka, die Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Taubblindheit/Hörsehbehinderung Baden-Württemberg zum Abschluss des knapp zweistündigen Gesprächs ihrer Organisation mit dem Landtagsabgeordneten und gesundheitspolitischen Sprechers seiner Fraktion, Stefan Teufel (CDU).
Der konkrete Schritt besteht in der von allen Beteiligten begrüßten Zusage des christdemokratischen Politikers, im Mai einen Termin im Sozialministerium zu organisieren, bei dem er zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft die berechtigten Anliegen der Betroffenen vortragen wird.
Dass dringender Handlungsbedarf besteht, daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Und dies wurde nicht nur den power-point-unterstützten und Video-Sequenzen eindrucksvollen Vortrag von Andrea Wanka, die seit nunmehr vier Jahren Beauftragte für Taubblindheit und Hörsehbehinderung an der Stiftung St. Franziskus in Heiligenbronn ist unterstrichen. Auch die teilweise sehr persönlichen Schilderungen der Betroffenen zeigten: es ist dringend notwendig, die Taubblindheit als Behinderung eigener Art anzuerkennen, woran sich dann auch Merkzeichen und Rechte anschließen können und werden.
Und es gibt viel zu wenige Taubblindenassistenten und Taubblindenberater im Land. Wer von dieser Behinderung betroffen ist, der lebt in seiner ganz eigenen Welt, die den Mitmenschen nahezu unbekannt ist.
Stefan Teufel, der am gleichen Tag ein Krankenhaus in Elzach besucht hatte, berichtete von den dortigen Gesprächen, wonach nach Operationen urplötzlich das Phänomen der Taubblindheit auftreten kann – und Hilflosigkeit entsteht, weil man sich nicht versteht und weil Kommunikation nicht mehr möglich ist.
Eindrücklich beschrieb die promovierte und genauso versierte wie einfühlsame 34-jährige Vorsitzende des Verbandes die so unterschiedlichen Arten von Taubblindheit, verschieden nicht nur durch eine angeborene oder erworbene, sondern auch darin, ob eine Mehrfach- behinderung damit verbunden ist oder nicht. Jeder Betroffene braucht Hilfe, braucht den Assistenten, die Beratung. Weil ein eigenständiges Leben nicht möglich ist.
So berichtete ein Teilnehmer der Runde: „Es hat geschneit, dreißig Zentimeter. Ich war unfähig aus dem Haus zu gehen, war ein Gefangener in meiner Wohnung.“ Weder ein Gang zum Arzt noch zu irgendeinem Amt ist möglich.
Stefan Teufel: „Die von Ihnen angemahnten Verbesserungen müssen kommen, unabhängig davon, wie viele Personen davon betroffen sind.“ Dementsprechend dann auch seine feste Zusicherung, sowohl auf Landesebene tätig zu werden, und „ich will für eine bundeseinheitliche Regelversorgung eintreten.“ Wobei die Verbesserung der Vergütung ein ganz wesentlicher Faktor ist – so seine Aussage, die auch Andrea Wanka nachhaltig unterstützt.
Für den christdemokratischen Sozial- und Gesundheitspolitiker ist es keine Frage, dass für die innere Temperatur einer Gesellschaft maßgebend ist, wie sie mit den besonders hilfsbedürftigen Menschen umgeht. Jeder Betroffene: ein Einzelschicksal. Und deswegen: „Wir haben Nachholbedarf. Als reiches Land, das wir sind, dürfen wir uns vor dieser Herausforderung nicht wegducken.“
Auch weil das tagtägliche Leben ein Kampf ist, so zu hören und zu spüren aus allen Äußerungen an diesem Nachmittag in den Räumlichkeiten des Klosters St. Franziskus, ist der Staat in der Pflicht, seinen notwendigen Beitrag zu leisten – dies die Quintessenz eines sehr nachdenklichen Gesprächs zwischen der Landesarbeitsgemeinschaft, Betroffenen und dem Politiker.
Und, so der Wille und die feste Absicht aller Beteiligten, nach diesem ersten Dialog im Gespräch zu bleiben und die Zusammenarbeit fortzusetzen – und mit der Zusicherung sieht