Die Voraussetzungen schaffen auf dem Weg in die Gesellschaft 4.0 / Für eine gute Bildungspolitik in einem der industriereichsten Kreise des Landes
„Ich lade die neue Kultusministerin zu uns in den Kreis ein. Ich will ihr zeigen, welche Anliegen wir im ländlichen Raum haben und was an unseren Schulen geleistet wird.“ Gleich nach der Bildung der grün-roten Landesregierung hatte der Landtagsabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende im Kreisvorstand angekündigt, dass er Frau Dr. Susanne Eisenmann, die zwölf Jahre lang Schulbürgermeisterin in Stuttgart gewesen war, den ländlichen Kreis Rottweil präsentieren wollte. Natürlich auch, weil dies sowieso der „schönste Wahlkreis im ganzen Land“ ist.
Sie macht nicht jeden „Käse“ mit. Selbst die Kultusministerin scheint einigermaßen verblüfft: solche Sätze hört sie nicht immer. Umso mehr ist sie angetan von all dem, was sie – in dem sehr klein geratenen Rahmen bei dem gut einstündigen Gespräch – erfährt. Das Konzept der Schule, eingebunden in so viele miteinbezogene Kooperationen, Unterstützung durch die Gemeinde und geprägt durch die ideale Lage.
Die aber – mitten im ländlichen Raum – führt zu einem nicht geringen Problem, auf das Katharina Hirt hinwies und das zu einem Hauptthema dieses Treffens führt: die nicht ausreichende Lehrerversorgung. Auch Marcus Streule, Schulleiter der Grundschule Seedorf, beschrieb die Situation, die sich im kommenden Schuljahr möglicherweise noch verschärfen wird: „Möglicherweise haben wir dann fünf Lehrer zu wenig.“
Susanne Eisenmann, unkompliziert, offen und dankbar für die klaren Worte, ist keine Politikerin, die Probleme wegwischt. Im Gegenteil: „Wir sind auf Kante genäht!“ Und dafür, dass die Unterrichtsversorgung nicht dem entspricht, was alle gerne hätten, gibt es gleich mehrere Gründe. Die jungen Lehrer wollen lieber nach Freiburg als „aufs Land“, es gibt einen Bewerbermangel, viele wollen nicht unbedingt an eine Gemeinschaftsschule. Die Bereitschaft, am Anfang des Berufslebens einmal an eine ländlich geprägte Schule zu gehen, ist kaum vorhanden. Und dazu kommt der in der vorigen Legislaturperiode zu großzügige Abbaupfad, der der Wirklichkeit der Schülerzahl nicht entsprochen hat.
Susanne Eisenmann ist dankbar für die offene Aussprache: „Deswegen bin ich da.“ Sie beschönigt nichts, sagt, dass die nächsten Jahre noch schwer werden, aber fügt auch hinzu: „Wir arbeiten an Konzepten.“
Ein weiteres Thema bei diesem Gedankenaustausch: die Fortbildungsmöglichkeiten. Notwendig sind sie, aber die Qualität, die das Land anbietet, entspricht häufig nicht dem, was die Lehrer erwarten. Klare Worte, klare Ansage – und der Dank der Kultusministerin für die so offene Aussprache, für die Präsentation einer Gemeinschaftsschule, die so eher aus dem Rahmen fällt und für die gemeinsame Debatte an den Aufgaben, mit denen alle konfrontiert sind, denen die Zukunft der Bildung und damit der Schüler in diesem Land am Herzen liegt.
Ortswechsel. Von Dunningen nach Rottweil. Von der Gemeinschaftsschule zu den beruflichen Schulen in der Kreisstadt. Eine ordentliche Spur größer, gewissermaßen der Anschluss an die „Grundausbildung“. Wo in Dunningen die Kommune maßgeblich als Schulträger wirkungsvoll tätig ist, so ist es hier der Landkreis, der dafür sorgt, dass das berufliche Schulwesen im Kreis den Stellenwert innehat und immer weiter verbessert wird, dass der Landkreis Rottweil, der neben Tuttlingen die stärkste industrielle Dichte im Land hat, nicht stehen bleibt, sondern in eine gute Zukunft geht. So Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel in seinem Statement zur Eröffnung einer breiten, intensiven Debatte mit Dr. Susanne Eisenmann. Auf dass nicht die „Industrie 4.0“ oder das „Handwerk 4.0“ erfolgreich wirken kann: der Landrat stellte allen deutlich vor Augen, dass der Anspruch bereits viel weiter geht: Gesellschaft 4.0 heißt die Devise. Und daraufhin arbeiten die Verantwortlichen, denen die beruflichen Schulen so wichtig sind wie dies die akademische Bildung ist. Und deswegen die so gute Ausstattung, die beim Rundgang im Anschluss an die Gesprächsrunde besichtigt worden ist, deswegen auch der Anbau für insgesamt 18 Millionen in Rottweil und in Schramberg. So der Landrat.
Die Zukunft der beruflichen Schulen im ländlichen Raum: Immer wieder war in den vergangenen Jahren die bange Frage danach, ob Kleinklassen gebildet werden können. Stichwort Mindestklasse 16. Dazu die Kultusministerium, zur Freude aller, die dabei waren: „Es können Klassen auch mit 12, 13, 14 Schülern gebildet werden.“ Aufatmen in der Runde.
Und ob das sozialwissenschaftliche Gymnasium gebildet werden kann? Stefan Teufel hatte genau dieses vor zwei Jahren beantragt, nun versicherte Susanne Eisenmann die Prüfung, die Hoffnung macht. Wie sie überhaupt viel von Vielgliedrigkeit und Durchlässigkeit hält.
In einer Art Interviewform an drei Stehtischen diskutierten die Schulleiter Axel Rombach, Ingo Lütjohann, Stefan Steinert und Susanne Galla mit Dr. Susanne Eisenmann die Themen, die ihnen auf den Nägeln brennen: so im Zusammenhang mit der Mechatronikerausbildung die über die Kreisgrenzen hinausreichende Notwendigkeit der Beschulung. Ein Thema, das alle betrifft: das Problem, das durch Flüchtlinge in die Klassen hineingetragen wird. Mit dieser Wirkung: ordentlicher, erfolgreicher Unterricht ist häufig nicht mehr möglich.
Viele Baustellen, die es zu bearbeiten gilt.