Beginn der dreiteiligen Reihe der CDU Rottweil über Europa
Dr. Werner Mussler, Jahrgang 1966, stammt aus Rottweil und ist seit dem Jahr 2004 Wirtschaftskorrespondent der renommieren Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Brüssel. Hoch dekoriert und angesehen. Eine nicht alltägliche wissenschaftliche und journalistische Karriere!
Dr. Andreas Schwab, Jahrgang 1973, stammt aus Rottweil und gehört seit dem Jahr 2004 dem Europäischen Parlament an, vertritt dort den südbadischen Wahlkreis und hat nach einer wissenschaftlichen Karriere die politische Laufbahn eingeschlagen. Er schickt sich an, im kommenden Jahr bei den Europawahlen zum vierten Mal das Mandat für Straßburg und Brüssel zu erringen.
Beide sind sie Referenten der Veranstaltungsreihe „Abwickeln oder anpacken – was geht noch in Europa?“ des CDU-Stadtverbandes Rottweil. Werner Mussler eröffnete den Reigen am 16. März, Andreas Schwab wird ihn beschließen am 15. November – und dazwischen, am 5. Juli wird Dr. Klaus Löffler, der im Jahr 1972 das Abitur am AMG in Rottweil abgelegt hat, als ehemaliger Verantwortlicher für die Jugendprojekte des Europäischen Parlaments, das Scharnier dieser außergewöhnlichen Reihe bilden.
Das Ganze im Vorfeld der Europawahlen und mit dem Blick darauf – aus unterschiedlichen Aspekten beobachtet und auch deswegen bemerkenswert, welch europäischen Koryphäen aus der Kreisstadt hervorgegangen sind.
Noch eines verbindet Werner Mussler und Andreas Schwab in ganz besonderer Weise: Im Jahre 1991/92 war der Erstgenannte Kreisvorsitzender der Jungen Union Rottweil. Dass am Ende seiner Amtszeit die Junge Union den CDU-Kreisvorstand „für überaltert“ erklärte, war dann aber nicht der Grund dafür, dass bereits im Jahre 1991 Andreas Schwab sein Nachfolger wurde. Was er für zwei Jahre blieb. Später schrieb der heutige Europaabgeordnete und südbadische CDU-Bezirksvorsitzende in der Chronik des JU-Kreisverbandes auf die Frage, warum jeder Jugendliche der JU beitreten solle, dass „Politik nirgendwo besser verstanden werden“ kann.
Oder auch um gute, überzeugende und auch kritische Europäer zu werden.
Schon bei der so klugen und fundierten Eröffnung der Trilogie in der Gaststätte „Zur Hochbrücke“ zeigte der Vorsitzende der CDU Rottweil, Rasmus Reinhardt, worum es geht, wenn Europa in all seiner Verfasstheit und in einem Zustand in diesen so herausfordernden Zeiten von verschiedenen Seiten her thematisiert wird. Früher sei Europa so nebenher gelaufen, sagte er. Wie ein netter Onkel, eine nette Tante. Doch heute, da wissen wir nicht, was ist, was sein wird, Ängste breiten sich aus, auch wenn man alle die Problemfelder rings um in der Welt betrachtet.
Werner Mussler nahm den Faden auf, den Rasmus Reinhardt gesponnen hatte, und er entwarf ein insgesamt eher nicht sehr positives Bild von diesem Europa mit all seinen Herausforderungen von außen und einer inneren Befindlichkeit, bei der er – vor allem aus wirtschaftlicher Sicht – etliche Ungereimtheiten ausbreitete.
Zunächst aber beschrieb er seine Woche, aufgebröselt mit seinen journalistischen Terminen, Begegnungen und daraus entstandenen Artikeln für die FAZ vom Montag bis zum Freitag, am Tag der Veranstaltung. Die letzten Beiträge entstanden an eben diesem Tag, von Rottweil aus in die FAZ-Redaktion und zu den Lesern. Faszinierende Einblicke!
Wie seine Beschreibung von Europa, mit all den aktuellen Herausforderungen, von denen jede einzelne schon ausreichen würde: die Diskussion um die Zölle, China, Russland, Trump, Türkei, der Brexit … „Noch lange werden uns die Themen beschäftigen, die Konflikte zwischen Nord und Süd, Ost und West, zwischen Alt- und Neustaaten,“ sagte er, der einstmals promoviert hat über die Wirtschaftsverfassung der Europäischen Union. Einer EU, der er einen nicht sehr guten Zustand zuschreibt. Auch einer Kommission, deren Präsident mit seinen im vergangenen Jahr vorgestellten und gleich wieder eingesammelten alternativen Vorschlägen für die Reform der EU von ihm keine guten Noten erhält. Und Werner Mussler nannte einige der Länder, die in tiefen Krisen stecken. Es sind viel zu viele.
Also Europa doch „abwickeln“, wie es die Überschrift über die Veranstaltungsreihe auch nahelegt? „Das kann nur rhetorisch gemeint sein“, hatte der Referent gleich zu Beginn seiner Ausführungen gesagt.
Auch wenn die Geschichte der Europäischen Union eine „Geschichte der (faulen) Kompromisse“ sei, wie der Wirtschaftsexperte bei der Betrachtung aller Unwägbaren, auch der Haushaltsdiskussionen konstatierte, so werde sie doch weitergehen, gab er zu bedenken. Auch unter der Prämisse, wie Martin Baumgartner die Situation in der recht intensiven Diskussion beschrieb: Er weitete den Blick über den wirtschaftlichen Bereich hinaus, nannte u. a. die Versuche von Russland, Europa zu destabilisieren – ein ganz aktuelles Thema - ging– noch einmal auf einige der Verwerfungen in aller Welt ein. „Wir haben keine Wahl als die, Europa voranzutreiben.“ Dem wollte und konnte niemand widersprechen.
Im Gegenteil. Der Eindruck blieb: dieses Europa, mit allen Unterschiedlichkeiten und Differenzen und Problemen ist der Stabilitätsanker in einer derart unruhig gewordenen Welt.
Und wie schnell die Zeit vergeht, zeigte dann die Erwähnung des verflossenen SPD-Kanzlerkandidaten, dessen im Wahlkampf genannten Vorstellungen von einer zukünftigen Europäischen Union von Werner Mussler als „Rhetorik“ kurz und genauso bündig abgehandelt wurden. Eine Randnotiz, mehr nicht.
Ansonsten aber traf Rasmus Reinhardt auch mit seinem Schlusswort den richtigen Ton: Er sprach von der Ernüchterung, die sich aus manchen Erläuterungen durch den „kundigen Beobachter“ aus Brüssel ergaben, und er sprach von der Nachdenklichkeit, die blieb. Viele Informationen konnten mit nach Hause genommen werden, auch die wohl für jeden erfreuliche Mitteilung, dass es derzeit und wohl auch für längere Frist keine weitere Beitrittsdynamik geben wird. Es gibt auch so ausreichend viel zu tun.