Ein Abschied in Zeiten umwälzender Veränderungen
Noch sehr gut erinnert sich Volker Kauder an die ersten Marktplatzgespräche vor dem Gasthof „Lamm“ in Sulz. Als damals junger CDU-Bundestagsabgeordneter war er oft nicht mehr zu hören, wenn die Motorräder durch die Innenstadt brausten und er warten musste, bis es wieder etwas ruhiger wurde. „Es hat sich seither viel bewegt in dieser Stadt“, stellte er fest, „und immer war der CDU-Stadtverband maßgeblich mit dabei.“ Egal ob mit den Vorsitzenden Hans-Walter Blass, Herwart Kopp und nun Tobias Bronner. Wobei er auch mit leichtem Schmunzeln, aber auf ernstem Hintergrund die damalige Debatte um das Krankenhaus erwähnte – und damit die recht kontroverse Diskussion mit dem damaligen Stadtverbandsvorsitzenden Hans-Walter Blass ansprach. Die Marktplatzgespräche – sie sind ihm, der den Wahlkreis seit 31 Jahren im Deutschen Bundestag vertreten hat und dort herausragende Funktionen innehatte ans Herz gewachsen. „Auch weil wir in dieser Region viele Freundschaften geschlossen haben“, sagte er in seiner letzten Rede als Bundestagsabgeordneter vor dem Gasthof „Lamm“. Nicht ohne Wehmut: von beiden Seiten, bei ihm war zu spüren, was hiermit an diesem sommerlichen Abend zu Ende ging, wie auch bei den Teilnehmern, die die Person Volker Kauder seit vielen Jahren schätzen und immer aus dem innersten Zirkel der Bonner, dann vor allem der Berliner Politik informiert wurden.
Veränderungen wie schon lange nicht mehr. Oder wie noch nie? In einer Zeit der Herausforderungen durch die Pandemie, durch die Klimaerwärmung, die so sichtbar jedem vor Augen steht, in der Leistungen wie Defizite deutlich zutage treten und die Komplexität des Weltgeschehens immer rasantere Züge annehmen, steht der Wechsel an der Spitze der Bundesregierung an und der Vertretung des Wahlkreises in Berlin. So wie Volker Kauder sich in seinem politischen Statement an diesem Abend mit den Begriffen Klimaschutz, Bewahrung der Schöpfung und Freiheit auseinandersetzte und den Zusammenhang einer Politik erläuterte („Schöpfung ist unsere gesamte belebte Erde. Und dazu gehört auch der Lebensschutz im weiteren und im engeren Sinne.“), die das Ganze in den Blick nimmt mit all seinen Auswirkungen auf unser Tun, so entwarf auch Maria-Lena Weiss, die als seine Nachfolgerin das Bundestagsmandat anstrebt, ihre Vorstellungen von einer Politik, die die Menschen nicht bevormundet oder lenkt. „Der Staat setzt die Rahmenbedingungen, aber er schreibt nicht vor, für welchen Antrieb er beim Auto er sich zu entscheiden hat.“ Und wer die Augen verschließe vor der Tatsache, dass bei der Herstellung der Batterie Kinderarbeit mit im Spiel sei und dass die Entsorgung der Batterien noch sehr unsicher sei, der müsse sich etliche Fragen gefallen lassen. So Volker Kauder und seine potenzielle Nachfolgerin bei dem sehr gut besuchten (corona-bedingt hätten gar nicht mehr Besucher Zugang finden können) Marktplatzgespräch.
Ganz sicher eine Art Kultveranstaltung, die der CDU-Stadtverband Sulz unbedingt beibehalten will. Wie sich jetzt schon alle freuen auf die Winterwanderung 2020: auch dies ein jährliches Highlight dieses Stadtverbandes, der zusammen mit den auch diesmal wieder
beteiligten Verbänden Vöhringen und Dornhan ein nicht alltägliches Triumvirat bildet. Volker Kauder hätte kaum darauf hinweisen müssen, dass er sich schon heute auf die Winterwanderung freut.
Ein bisschen Abschied lag jedoch schon in der Luft: je ein Blumenstrauß für Maria-Lena Weiss und für Bärbel Wintermantel („die gute Seele der CDU“, so Tobias Bronner) sowie ein symbolischer Baum als Hinweis, dass in den drei beteiligten CDU-Verbänden Sulz, Vöhringen und Dornhan je ein Baum für den scheidenden Bundestagsabgeordneten gepflanzt werden wird, verdeutlichten: es hat alles seine Zeit. Doch die mit Volker Kauder bleibt unvergessen. So Tobias Bronner in dankbarer Anerkennung für die freundschaftliche Begleitung in mehr als drei Jahrzehnten.