Erstmals seit 2014 besucht wieder eine Delegation der baden-württembergischen Landesregierung das Partnerland Burundi. Der CDU-Kreisvorsitzende und stellv. Fraktionsvorsitzende der CDU Landtagsfraktion, Stefan Teufel begleitete Herrn Staatssekretär Rudi Hoogvliet die Reise nach Afrika. Burundi, eines der ärmsten Länder Afrikas. Mit dem „Bündnis für die Partnerschaft mit Burundi“ bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Landtag, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, Städten und Gemeinden, Schulen und Hochschulen erfolgt die Reise aufgrund einer Einladung der burundischen Regierung.
Im Rahmen der bestehenden Kontakte nach Zentralafrika hieß es 6 Tage die Entwicklungszusammenarbeit zu vertiefen. „Baden-Württemberg übernimmt damit auch eine geopolitische Verantwortung im Rahmen einer guten, fairen Partnerschaft auf Augenhöhe. Auch in der CDU Landtagsfraktion wird diese Partnerschaft gelebt“ so Teufel. So waren letzten Sommer ebenfalls Fraktionsvorsitzender Manuel Hagel mit Kollegen vor Ort.
Bürgerkrieg und Krise hinterlassen Spuren Burundi ist eines der kleinsten Länder Afrikas, gleichzeitig jedoch mit knapp elf Millionen Einwohner weltweit mit am dichtesten besiedelt. Rund drei Viertel der burundischen Bevölkerung leben in Armut, 90 Prozent der Burundier betreiben Subsistenzlandwirtschaft Die medizinische Versorgung ist unzureichend; Nahrungsmittel sind knapp. Ein hohes Bevölkerungswachstum verschärft diese Situation und über 70% der Jugendlichen sind arbeitslos. Ein wesentlicher Grund für diese Situation sind die langjährigen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Interessensgruppen, die Anfang der 1990er-Jahre in einem Bürgerkrieg gipfelten. Im August 2000 unterzeichneten 19 politische Parteien den Friedensvertrag von Arusha. Im April 2009 legte die letzte offizielle Rebellenbewegung die Waffen nieder. 2010 fanden in Burundi die zweiten Gemeinde-, Präsidentschafts-, Senats- und Parlamentswahlen statt, die allerdings von der Opposition nicht anerkannt wurden. Rund um die Präsidentschaftswahlen im Juli 2015 kam es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen – in Folge dessen sind mehr als 150.000 Menschen aus Burundi in die Nachbarländer geflohen.
Persönlicher Dialog als wichtigen Baustein der Partnerschaft Zu Beginn der Reise wurde die Delegation von der Deutschen Botschaft begrüßt und die ersten Gespräche konnten geführt werden. Ein weiteres Ziel war die Doktorandenschule an der Universität Bujumbur. Sie bietet neben dem Doktorandenprogramm auch Deutschkurse in ihrem eigenen Deutschzentrum. Über 1.200 Studentinnen und Studenten lernen an der Universität unsere deutsche Sprache. Perspektive für die Zukunft wird hier den Menschen gegeben.
Hilfe zur Selbsthilfe
Ausbildung der Weg aus der Armut und Krise Weiter ging die Reise in mitten dem kleinsten Staat von Afrika. Der Besuch galt der Hilfsorganisation Fondation Stamm. Diese unabhängige Organisation wurde von der deutschen Krankenschwester, Verena Stamm, 1999 gegründet. Begonnen mit Flüchtlingslagern, Beherbergung von Straßen- und ehemaligen Kindersoldaten sowie kranken Waisenkindern, entwickelten sich die Projekte bis zu eigenen Ausbildungszentren, wo Kinder und Jugendlichen in Schreiner-, Schweißer- und Schneiderarbeiten, Fahrradwerkstätten, Kochen, Frisören oder aber in Landwirtschaft und Viehzucht ausgebildet werden. Die Finanzierung funktioniert ausschließlich über private Spendengelder und die Unterstützung anderer Hilfsorganisationen.
Darüber hinaus erwirtschaftet die Fundation einige Gelder selbst mit dem Verkauf von Waren, die in den Projekten selbst hergestellt wurden. Unglaublich beeindruckt hat mich, mit welch wenigen Mitteln hier jegliche Ausbildungssparte gelehrt wird. Auch hier gilt Hilfe zur Selbsthilfe. „Die Menschen brauchen Vorort die Unterstützung, damit in ihrer Heimat das Leben lebenswert wird. Mit der Fundation wird hier schon sehr viel unternommen. Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg und so werden wir uns auch hier dafür einsetzen“ so der Abgeordnete. Denn es treten zusätzlich zu dieser generell schon prekären Lage immer wieder Situationen auf, die die Arbeit und das Leben der Menschen weiter erschwert. Vor einigen Wochen wurde die Region Mutimbuzi erneut von schweren Überschwemmungen erschüttert.
Naturkatastrophen häufen sich in den letzten Jahren – die Folgen des Klimawandels und die fehlenden Infrastrukturmaßnahmen werden in eklatanter Weise deutlich. „Leidtragende sind die Menschen, die hier wohnen. Sie leisten seit Wochen Nothilfe auf ganz pragmatische Weise. Deshalb ist es uns, dem Land Baden-Württemberg so wichtig, die Menschen hier in dieser Notlage nicht alleine zu lassen und ein Zeichen der Solidarität zu setzen“ berichtet Teufel und eröffnet die finanzielle Hilfe aus Fraktionsinitiativen beider Regierungsfraktionen sowie aus dem Haushalt für die Entwicklungszusammenarbeit im Staatsministerium. Mit 22.500 Euro Förderung für dieses Sozialprojekt kann konkrete Hilfe vor Ort geleistet werden.
Agroforstsysteme als Grundlage nachhaltiger Bewirtschaftung Am nächsten Tag ging es weiter nach Gitega, Besuch des Agroforst-Clusters, zu einem Kaffeebauern. Mit dem Aufbau funktionierender Agroforstsysteme in Kaffee-Anbauflächen hat man hier eine der wirkungsvollsten Methoden entwickelt, um einen maximalen landwirtschaftlichen Ertrag bei begrenzten Flächen zu erzielen und gleichzeitig eine effektive Bekämpfung der Erosion und Bodendegradation zu gewährleisten. Seit 2016 engagiert sich das Land Baden-Württemberg für das Kaffee-Projekt und förderte die Zertifizierung und Umstellung des Kaffees auf biologischen Anbau. Auch das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist seit 2018 als Unterstützer zur Verbesserung der Bodenqualität dabei. Von diesem Projekt profitieren aktuell über 11.000 Familien mit insgesamt ca. 77.000 Personen. Neben dem Kaffeeanbau werden auch Bananen, Obst- und Schattenbäume sowie Gemüsekulturen angebaut, die zur Ernährungssicherung beitragen. „Für mich ist dies eines der besten Beispiele, wie Hilfe zur Selbsthilfe funktionieren kann. Ich bin unglaublich beeindruckt, wie diese Menschen hier arbeiten und zusammenhelfen, wenn man bedenkt, dass 70% Arbeitslosigkeit herrscht. Auf den Feldern arbeiten überwiegend Frauen. Die Armut ist unfassbar groß. Jedoch kann Europa nicht auf Dauer die Anzahl der Flüchtlinge aus Afrika aufnehmen. Deshalb ist so wichtig, den Menschen hier eine wahre Perspektive zu geben, damit sie sich mittelfristig selbst versorgen können“ berichtet Teufel beeindruckt. Das Ziel der burundischen Regierung ist, sich bis 2040 zum Schwellenland zu entwickeln.
Den letzten Teil der Reise verbrachte die Delegation mit dem Austausch in der Verbindungsstelle der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit (SEZ). Die GIZ arbeitet seit 1975 in Burundi. Nach der umstrittenen Wiederwahl des Präsidenten 2015 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Zusammenarbeit mit der burundischen Regierung sowie mit der Polizei des Landes ausgesetzt. Alle Vorhaben, die dabei unterstützen, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern, laufen weiter.
Seit über 40 Jahren bilden die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Menschen aus Baden-Württemberg und Burundi eine Brücke über Grenzen und Entfernungen hinweg. In den 1980er Jahren mit der Idee einer Parlamentspartnerschaft entstanden, sind es heute zahlreiche Partnerschaftsinitiativen seitens der baden-württembergischen Zivilgesellschaft, Kirche und Politik. Diese sind im Kompetenzzentrum Burundi gebündelt, das die SEZ zu Austausch, Stärkung und Vernetzung aufgebaut hat.
Schwellenland bis 2040? „Ohne diese Unterstützung, gäbe es hier keinen Fortschritt“ so Teufel. Kurz zum Vergleich: Ruanda ist Burundi um 30 Jahre voraus. „Deshalb ist es unabdingbar, die Kooperationen zu vertiefen. Sei es im Bereich von Stipendien für junge Menschen im Bereich der Medizin oder Pflege oder aber in der Unterstützung im Agriforstbereich. Die Menschen benötigen Hilfe, um sich selbst zu organisieren und zu versorgen, z.B. über Mikrokredite zur Gründung von Selbständigkeit im Handwerk oder in der Landwirtschaft“ berichtet Teufel.
Teufels persönliches Fazit:
„Hilfe zur Selbsthilfe“ und „Fördern und Fordern“ sind die wichtigsten Leitgedanken in der Zusammenarbeit mit Burundi.