KREIS ROTTWEIL, 12. Juli 14 - Beim viertägigen Besuch in Berlin erhielten 50 Kommunalpolitiker aus den Kreisen Rottweil und Tuttlingen auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Volker Kauder Einblicke in die aktuelle Politik, erfuhren Zeitgeschichte und historische Zusammenhänge an Ort und Stelle und erlebten unvergessliche Stunden. Wer mit dabei sein konnte beim fast unglaublichen und in der Tat historischen Sieg der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Brasilien auf der Fanmeile vor dem Brandenburger Tor, mitjubeln und sich einfach nur freuen konnte zusammen mit 650 000 zumeist jungen Menschen, die geradezu einmalige Party mitfeierte, der vergisst diese Momente nie mehr.
Dass dann aber die Gäste aus Baden-Württemberg am darauf folgenden Morgen im WM-Café des ZDF-Morgenmagazins nicht nur hinter die Kulissen schauen konnten, sondern selbst aktiv an der Sendung teilnahmen, setzte dem gesamten Geschehen eine weitere Krone auf. TV live, und das in der Flaggschiffsendung des ZDF-Hauptstadtstudios, vermittelte Studioatmosphäre und Illusion wie teilweise Desillusion gleichermaßen. Angereichert noch bei der anschließenden Führung durch die Studioräume. Mit Einblicken und Informationen, wie man sie nicht jeden Tag erhält.
„Irgendwas versäumen Sie immer in Berlin“, gab der Reisebegleiter des Bundespresseamtes, der die Gruppe die ganze Zeit über geführt hatte, beim Abschied am Hauptbahnhof den Gästen mit auf den Weg. Vielleicht war aber genau dieser Satz der einzige, der nicht so ganz zutraf. Denn der Eindruck war nun mal gar nicht aufgekommen bei dem so vollbepackten Programm: Und wer das Glück hat, mit dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder einen der wichtigsten, einflussreichsten Politiker und engsten Vertrauten der Bundeskanzlerin als seinen Wahlkreisabgeordneten zu haben, erlebt dann bei gleich zwei Gesprächsterminen aus allerersten Hand die europa- und weltpolitischen Herausforderungen, mit denen die Bundesregierung konfrontiert ist. Direkt von dem vorbereitenden Treffen vor der Kabinettssitzung gekommen, beschrieb Volker Kauder die Situation in der Ukraine, in Syrien, im Irak, deutete an, mit welcher Brutalität die Terrorgruppe ISIS vorgeht, wie sie Menschen in nicht vorstellbarer Art einfach abschlachtet. Demgegenüber die scheinbare (?) Machtlosigkeit der Politik und gleichzeitig das Wissen, dass Zuschauen und Gewähren-lassen ethisch nicht zu verantworten ist.
Die Dimension, die auch beim Gespräch im Bundesverteidigungsministerium an vorderer Stelle stand. Im System der vernetzten Sicherheit sind es viele Komponenten, mit denen die Krisenherde der Welt zumindest eingedämmt werden können und sollen. Inmitten dieser Gemengelage setzt die Bundeswehr ihre Neuorientierung um, nach der Aussetzung der Wehrpflicht mit ganz neuen Herausforderungen, von denen die Attraktionsoffensive nur ein Teil des gesamten Umbaus ist.
Vor dem Gespräch im Ministerium fügte die Besichtigung der Stelle innerhalb des Bendlerblocks, an der die Attentäter des 20. Juli 1944 hingerichtet worden sind, einen der zahlreichen Bausteine zu den Teilen hinzu, die die Wegscheiden zwischen den beiden Diktaturen und der Demokratie hautnah aufzeigen. Wie im Brennglas. Die Dauerausstellung „Tränenpalast“ und der Besuch in der ehemaligen Stasi-Zentrale in der Normannenstraße: Vor 25 Jahren noch unterdrückte das SED-Regime mit einer Stasi unter Führung von Erich Mielke („Ich liebe euch doch alle!“) 17 Millionen Deutsche, hatte die DDR ein perfektes Spitzelsystem errichtet. So mit eindrucksvollen Worten beschrieben von einem ehemaligen Bürgerrechtler und späteren Grünenpolitiker. Schade nur, dass er seinem Anliegen aufzuklären darüber, wie das Unrechtsregime funktionierte, was von diesem „Ort der Täter“ ausging, seine ansonsten authentische Schilderung mit einigen abfälligen und – wegen des fehlenden Wirklichkeitsgehalts – nicht zutreffenden Bemerkungen über die CDU und Angela Merkel eher schadete.
Doch der Eindruck bleibt. Der, dass es wert ist, die Demokratie als die Errungenschaft nach vielen Irrungen und Umwegen zu verteidigen. So war auch folgerichtig der Besuch der Ausstellung über die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in Deutschland im Deutschen Dom die perfekte Vorbereitung zur Führung im Reichstag, bei dem nicht nur die Arbeitsweise des Deutschen Bundestags beschrieben wurde, sondern wo an historischer Stätte deutlich wurde, wie nahe Verachtung und Niederschlagung der Demokratie und deren Beachtung im Rechtsstaat sein können.
Alle die vielfältigen Eindrücke kulminierten nochmals beim Mittagessen hoch oben in der Gaststätte des Fernsehturms am Alexanderplatz: der Blick hinunter auf die auch so unterschiedlichen Bezirke ließ die Komplexität der deutschen Hauptstadt erahnen und zeigte lediglich bei der East Side Gallery (so richtig kuschelig ist der Bruderkuss zwischen Honecker und Breschnew ja nicht unbedingt) mit der deutschen Teilung Elemente einer Zeit, die kaum mehr jemand zurück haben will.
So ging’s für die christdemokratische Reisegruppe zurück nach Rottweil bzw. nach Tuttlingen. Auf der letzten Wegstrecke, wie dies auch zu Beginn gewesen war, mit der Gäubahn. Und auch die steht bei Volker Kauder ganz oben auf der Liste seiner vielen Themen, die er bearbeitet: „Wichtiger noch als der zweigleisige Ausbau ist die Geschwindigkeit, mit der die Bahn zwischen Zürich und Stuttgart verkehrt. Deswegen brauchen wir die Neigetechnik.“ Und dafür setzt er sich ein. Weil ihm bei all den bundespolitischen Aufgaben als Chef der Unionsfraktion die Zukunft seiner Heimat, seines Wahlkreises besonders am Herzen liegt.
Hat einer der Mitreisenden etwas versäumt in Berlin? Mehr wäre wohl nicht möglich gewesen.