„Wir brauchen Zuwanderung“ / Diskussion über komplexes, aber wichtiges Thema
KREIS ROTTWEIL, 25. Jan. 14 - „Auch wir im Kreis Rottweil brauchen Zuwanderung, wenn wir die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft erhalten wollen.“ Erika Faust, die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agenturen für Arbeit Villingen-Schwenningen und Rottweil berichtete als Gastreferentin in der ersten Sitzung des CDU-Kreisvorstandes in diesem Jahr über die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Dies auch unter dem Eindruck der jüngsten, durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren. Auf dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem Zuzug aus Spanien und der Darstellung der rechtlichen Lage (deutsche Sozialleistungen gibt es nicht beim Aufenthalt in Deutschland in den ersten drei Monaten) geht die Agenturchefin davon aus, dass ein verstärkter Zuzug aus Rumänien und Bulgarien zu erwarten ist.
Der wird ihrer Meinung nach in den Kreis Rottweil und in die gesamte Region längst nicht so stark sein wie dies in manchen Brennpunktgebieten (wie Duisburg und Mannheim) der Fall ist, dort wo die Armutszuwanderung zu besonderen Herausforderungen geführt hat. „Auf Grund der so guten wirtschaftlichen Situation ist Deutschland eben das Hauptziel von vielen in Europa“, beschrieb die Agenturchefin die festgestellte Wanderungsbewegung. Die 262 Menschen aus Rumänien und die 51 aus Bulgarien, die im vergangenen Jahr im Kreis Rottweil gelebt haben, fallen jedoch kaum ins Gewicht: „Zuwanderung gibt es zumeist in die Gebiete, in denen jetzt schon Angehörige sind.“ Für die ländlichen Räume rät Erika Faust zur Gelassenheit.
Dennoch sind die Themenfelder wie Missbrauch („dazu gehören dann zumeist zwei“), die vielleicht nicht immer ganz stringent durchgeführten Kontrollen, die mehr oder weniger starke Bereitschaft, an Sprachkursen teilzunehmen, Bereiche, die nicht einfach weggewischt werden können. So die Debatte der Kreisvorstandsmitglieder im Anschluss an die sehr profunden Ausführungen der Agenturchefin. Mehrere Stimmen wiesen auch darauf hin, dass die Situation in den entsprechenden Ländern mit ihren schwierigen Strukturen nicht unbedingt verbessert wird, wenn gut und hochqualifizierte Menschen ihre Heimat verlassen und nach Deutschland oder in andere westliche Länder gehen.
„Dies kann heute nicht das Ende der Diskussion sein“, sagte CDU-Kreisvorsitzender Stefan Teufel nach Vortrag und Diskussion. Mit dem Hinweis, dass alles dafür getan werden müsse, in den „armen Ländern“ die Perspektiven gerade für die jungen Menschen zu verbessern, bedankte er sich bei Erika Faust für ihre Bereitschaft einmal mehr das Gespräch mit dem CDU-Kreisvorstand zu führen. Und auch dies kristallisierte sich an diesem Abend heraus: Der gesamte Komplex – vom wirtschaftlichen und sozialen Gefälle innerhalb der Europäischen Union und zu beobachtenden Wanderungsbewegungen und deren Bewältigung bis hin zu den Herausforderungen durch den eklatanten Fachkräftemangel in Deutschland – gehört mitten hinein in die politische Diskussion. Weil es nun einmal die „gemischten Gefühle“ gibt, von denen ein Kreisvorstandsmitglied sprach. Und deswegen müsse darüber geredet werden, sagte Stefan Teufel, im Dialog zwischen den Politikern und den Bürgern.
Den Dialog will die CDU im Kreis in den nächsten Wochen und Monaten bei zahlreichen Veranstaltungen in ganz besonderer Weise führen. Dazu legte Kreisgeschäftsführerin Doris von Schulz einen voll gefüllten Terminkalender bis zum Sommer vor. Im Vorfeld der Europa- und Kommunalwahlen werden u. a. die Bundestagsabgeordneten Volker Kauder, Thorsten Frei, der frühere Finanzminister Gerhard Stratthaus (beim Kreisparteitag am 25. März in Bochingen), der Europaabgeordnete Dr. Andreas Schwab und Landtagsfraktionschef Peter Hauk in den Kreis kommen.
„Wir wollen auch das Jahr 2014 erfolgreich gestalten“, gab Stefan Teufel als Parole aus. Wozu jedoch auch die Auseinandersetzung mit der grünroten Landesregierung gehöre. So kritisierte er die Änderung des Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das schmerzhafte Belastungen für die Kommunen bedeute: „Die Förderquote wurde auf 50 Prozent abgesenkt. Im ÖPNV-Bereich von bisher 75% auf 50%, beim Straßenbau von bisher 70% auf 50%.“ Damit, so stellte der Landtagsabgeordnete fest, würden ÖPNV- und Straßenbauvorhaben, die nach bisherigen Förderrichtlinien bezuschusst worden seien, für die Kommunen erheblich teurer. Sein Fazit: „Grün-Rot meint es einfach nicht gut mit den Gemeinden.“ Auch darum gelte es, bei der nächsten Landtagswahl als CDU wieder die Regierungsverantwortung zu erhalten.