Saubere Sache oder Mogelpackung? Information, Meinungsbildung, Diskussion:
Es ist die Bestätigung: wenn die Menschen sich von einem Thema ganz persönlich angesprochen fühlen, dann kommen sie auch! Den Beweis lieferte die CDU-Gemeinderatsfraktion Lauterbach mit ihrer Veranstaltung zum Thema „Windkraft im Schwarzwald – saubere Sache oder Mogelpackung?“ im Gemeindehaus. Dort im großen Saal, wobei schon vor Beginn nochmals Stühle herangeschleppt werden „mussten“. Worum geht’s? Auf der Falkenhöhe sollen vier Windräder erstellt werden: zwei auf Lauterbacher, je eines auf Tennenbronner (und damit Schramberger) und Hornberger Gemarkung.
Geradezu elektrisiert hatte das Thema viele Mitbürger – pro und contra. Schon im Landtagswahlkampf, wenige Tage vor der Wahl gingen die Wogen hoch und höher. Nicht immer nur sachlich.
Gut, dass Rolf Buchholz, Vorsitzender der CDU Lauterbach und Fraktionschef der siebenköpfigen Gemeinderatsfraktion, gleich zu Beginn der Info-Veranstaltung im Gemeindehaus zu Sachlichkeit und fairem Umgang miteinander gemahnt hatte. So waren die Voraussetzungen gegeben für Informationen en messe, und auch für den Meinungsaustausch. Letzterer zu einem großen Teil auch in der Pause nach den beiden kontroversen Stellungnahmen, und noch lange nach Ende des offiziellen Teils.
Was gefordert war, das war ein ganz großer Grad an Aufmerksamkeit: denn sowohl bei den Statements von Gerhard Kienzler von der Windkraft Schonach, Jörg Bold vom Windpark Ettenheim (beide pro Windenergie) als auch von dem Oberforstrat i. R., Christoph Leinß, wurde viel mit „Zahlen, Daten und Fakten“ argumentiert, wenn auch jeweils rechts unterschiedlichen und mit gegensätzlichen Schlussfolgerungen.
„Wir praktizieren die Politik des Gehörtwerdens“, hatte Rolf Buchholz bei der Begrüßung einen längst schon vergessenen „Grundsatz“ der Grünen von vor fünf Jahren aufgegriffen, auch im Blick auf eine bis vor Kurzem Landtagskandidatin gewesene grüne Mitbürgerin.
Vier Anlagen sollen erstellt werden mit je einer Gesamthöhe von 212 Metern und einer Nabenhöhe von 149 Metern. Zu übersehen werden sie nicht sein. Sind sie auch ökonomisch, ökologisch und sozial sinnvoll? Würden / Werden sie sich lohnen? Wie sieht’s aus mit dem Infraschall? Sicherlich haben manche der Besucher bis dato von dem Begriff noch nie etwas gehört gehabt zuvor, andere, und es waren etliche Experten im Saal mit dabei, durchaus.
Wie sind die Auswirkungen auf den Tourismus? Auf Fauna und Flora? Auf die Menschen? Auf das Wasser? Auf die Wege?
„Hat die Windenergie ihre Unschuld verloren?“, wie Dr. Christoph Leinß den Schweizer Naturwissenschaftler Binswanger zitierte. Weil die Nachteile und die Gefahren der Windkraft häufig übersehen werden? Wie steht’s um die zu erreichenden Volllaststunden? Viele Fragen, klare, kontroverse Stellungnahmen.
Beifall gab’s für alle Vorträge, von Befürwortern wie von Gegnern – und von denen, die ganz und gar unvoreingenommen sich informieren wollten.
Wie gut, dass der Lauterbacher CDU-Gemeinderat ein solch erprobter und souveräner Diskussionsleiter ist: mit seinen klar formulierten Fragen an die beiden Hauptreferenten kitzelte er in der Diskussionsrunde die Standpunkte, vielleicht auch manche Schwachpunkte der jeweiligen Argumentation nochmals deutlich heraus. Schon mit seiner Eingangserklärung, dass in Baden-Württemberg kein einziges Windrad gebaut werden dürfe, wenn es stimmen würde, was zwei Tage vor der Wahl von besagter grüner Landtagskandidatin in einem Leserbrief behauptet worden ist, entlarvte manchen Trug- und Fehlschluss. Sie nämlich hatte geschrieben, ein Windrad werde in Baden-Württemberg nur gebaut, wenn drei Faktoren passen: Schutz der Bevölkerung, Naturschutz und Wirtschaftlichkeit. Wenn auch nur einer der drei Faktoren nicht gegeben sie, würde nicht gebaut werden können. Falsch.
Plakative Sätze können manchmal deutlich an der Wahrheitsfindung vorbeiführen; Erläuterungen auf sachlicher Grundlage brauchen oftmals ausholendere und die Zusammenhänge darstellende Ausführungen.
Notwendig zur schlussfolgernden Conclusio ist dann aber in gleichem Maße das hartnäckige Nachfragen wie das von Hardy Faißt, rundfunk- und mikrofonerprobt und ein Schlusspunkt durch ihn und dann mit den Dankesworten von Rolf Buchholz – hin zu etlichen weiteren Diskussionen in kleinen Gruppen.
Auch zu der Frage, ob der Gemeinderat Lauterbach gar keine andere Wahl habe als dem Vorhaben zuzustimmen, wie dies der Bürgermeister kundtat. Es blieben Fragen, nach gut 3 ½ Stunden. Wenige Tage vor Ostern, am Mittwoch der Karwoche, vielleicht für manche auch eine Glaubensfrage, aber angesichts der so zahlreich vorgebrachten Argumente vor allem ein Abwägen des Für und Wider.
Es war dies eine Info-Veranstaltung der CDU-Gemeinderatsfraktion Lauterbach, für die sie andere gerne beneiden dürfen. Weil sie durchaus als vorbildlich und stilbildend wirken kann.
Zeichen politischer Kultur.