Sozialexperte Peter Weiss bei der Senioren-Union in Rottweil:
23 Jahre lang gehörte Peter Weiß als jeweils direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr dem Deutschen Bundestag an und gestaltete für CDU und CSU ganz entscheidend die Sozialpolitik mit. Nun, genau 21 Tage vor dem freiwillig gewählten Ausscheiden aus dem Parlament, erläuterte er in einer öffentlichen Veranstaltung der Senioren-Union im Café Haas auf dem Berner Feld in Rottweil die aktuelle Situation der Pflege, die in der zu Ende gegangenen Legislaturperiode getroffenen Entscheidungen und warf einen allerdings eher verhaltenen Blick nach vorne.
„Denn ich bin skeptisch im Hinblick auf ein zu erwartendes Dreierbündnis und wenn ich die verschiedenen Wahlprogramme miteinander vergleiche, ob der große Wurf gelingen wird“, sagte der CDU-Politiker.
Dabei ist die Weiterentwicklung der Pflege „unbestritten notwendig“, muss den Erfordernissen einer sich verändernden Gesellschaft gerecht werden. Hinsichtlich der schwieriger werdenden Finanzierung „in einem Sozialstaat wie unserem, bei dem die Leistungen der Pflegeversicherung in dem tragfähigen, vernünftigen Verhältnis zu den Möglichkeiten der Pflegebedürftigen stehen müssen.“ Woher soll das Geld kommen? Kritisch sieht der CDU-Sozialexperte die gelegentlich ins Gespräch gebrachte Erweiterung der Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung: „Dies würde einen drastischen Anstieg der Kosten bedeuten.“
Als „offenes Feld“ bezeichnete er die Zukunft der Pflege, sieht in der Idee, unterschiedliche Angebote für die stationäre und auch die ambulante Pflege zu machen („so wie in unserer gesamte Gesellschaft ja sehr differenzierte Vorstellungen von der Gestaltung des Lebens bestehen“) eine Möglichkeit, die den Weg weisen kann.
Wer soll pflegen? Auch mit dieser Frage beschäftigte sich Peter Weiß eindringlich und weist den Begriff des Pflegenotstandes als „so nicht zutreffend“ zurück. „Jedes Jahr kommen 10 000 Pflegekräfte dazu.“ Doch diese reichen nicht, so sein Fazit, und zwar nicht nur, weil es immer wieder welche gibt, die den Beruf aufgeben. „Was aber nicht auf Grund des in Wirklichkeit gar nicht so geringen Verdienstes geschieht.“ Alleine schon die demografische Entwicklung mache es erforderlich, Kräfte aus anderen Ländern anzuwerben: „Dies soll geschehen durch die Vermittlung der Agentur für Arbeit und mit der Maßgabe, dass die deutsche Sprache beherrscht wird.“ Ein Vorhaben, das durch die Pandemie erst mit zeitlicher Verzögerung verwirklicht werden kann.
Und ob die Fachkräftequote von 50 % so zwingend gehalten werden muss, auch das wurde in dieser Matinee angesprochen. Keine Frage in der von Karl-Heinz Glowalla, dem Kreisvorsitzenden der Senioren-Union, geleiteten Veranstaltung, war, „dass wir mit Peter Weiß einen der besten Sozialpolitiker zu Gast hatten und dass wir diese so komplexe und wichtige Thematik, die die gesamte Gesellschaft berührt, auch in Zukunft bearbeiten werden.“
Dazu gehöre auch, fügte der ehemalige Sozialarbeiter Rudi Glowka hinzu, dass „wir als CDU stolz sein können darauf, dass es die CDU mit Norbert Blüm gewesen war, der diese fünfte Säule der Sozialversicherung durchgesetzt hat. Und zwar gegen den Widerstand der SPD.“